Im Gespräch mit Gabriele Riedmann de Trinidad anlässlich des HR Innovation Days am 14. Juni
Nur noch zwei Wochen trennen uns vom diesjährigen HR Innovation Day. Es ist eine weithin geschätzte Tradition, alle Keynote-Speaker und Workshop-Hosts im Vorfeld zu befragen. Heute habe ich mit Gabriele Riedmann de Trinidad eine Unterstützerin des Events im Interview, die sowohl eine Keynote als auch einen Workshop anbietet. Ihre Keynote trägt den Titel „Mitarbeiter weg - Wissen weg: Wie kann KI vor Wissensverlust schützen?“ und der Workshop die Überschrift „Arbeitswelt und Gesellschaft im Wandel: Neue Anforderungen an Learning & Development - Ist KI die Lösung?“ Frau Riedmann de Trinidad ist Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens platform3l GmbH in Bonn. Ich habe sie im März 2025 beim Learning Summit in München kennengelernt und im Abschluss daran sofort Kontakt mit ihr aufgenommen. In einem VideoCall hat mir Frau Riedmann de Trinidad ihre Lösung zum Expert Debriefing vorgestellt und die umfassenden Anwendungsmöglichkeiten erläutert. Ihr Ansatz zum KI gestützten Lernen hat mich wirklich beeindruckt und ich bin deshalb außerordentlich froh, sie für eine Mitwirkung am HR Innovation Day gewonnen zu haben. Bereits an dieser Stelle ganz herzlichen Dank an Frau Riedmann des Trinidad aktive Beteiligung am Event und natürlich auch für die Möglichkeit dieses Gespräch mit ihr zu führen.
Wald: Vornweg herzlichen Dank für Ihre Beiträge zum HR Innovation Day und auch für dieses Gespräch.
Riedmann de Trinidad: Gerne und ich freue mich auf die Veranstaltung.
Wald: Könnten Sie sich, Ihren Werdegang und Ihr Unternehmen kurz vorstellen.
Riedmann de Trinidad: Ich bin Diplom-Ingenieurin für Elektrotechnik mit Fokus auf IT und habe über 25 Jahre internationale Führungserfahrung in der digitalen Transformation. Nach Stationen bei Siemens, der Deutschen Telekom und der Metro AG habe ich 2016 das EdTech-Unternehmen platform3L gegründet. Unsere mehrfach ausgezeichnete KI-gestützte Lernplattform hilft Unternehmen, Wissen zu sichern, Onboarding zu beschleunigen und Lernkultur neu zu denken. Ich verstehe mich als Brückenbauerin zwischen Technologie, Business und Mensch. Für mein Engagement wurde ich u. a. als eine der einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands sowie als eine der Top 50 IT-Frauen ausgezeichnet.
Wald: Kommen wir nun zu Ihrer beeindruckenden Lösung. Gibt es hierzu eine Entstehungsgeschichte?
Riedmann de Trinidad:Wie wertvoll Wissen ist, habe ich als Leiterin globaler Infrastrukturprojekte bei Siemens erlebt – über 3.000 Projekte weltweit, viele Fehler, weil Erfahrungswissen fehlte. Erst als wir systematisch Best Practices und Lessons Learned auswerteten, konnten wir im ersten Halbjahr 50 Millionen Euro einsparen. Diese Erfahrung war der Ausgangspunkt für die Gründung von platform3L – mit dem Ziel, genau dieses Wissen heute mithilfe von KI einfach, schnell und skalierbar im Unternehmen nutzbar zu machen.
Wald: Beim Blick auf Ihre Lösung dürfte vielen (jetzt endlich!) die praktische Umsetzung von Wissensmanagement und Micro Learning klar werden.
Riedmann de Trinidad: Absolut – genau das ist der Kern unseres Ansatzes. Wenn 30 % der Belegschaft in Rente gehen, verlieren wir nicht nur Kapazität, sondern vor allem tiefes Erfahrungswissen, das oft nie dokumentiert wurde. Mit KI machen wir dieses Wissen schnell und einfach nutzbar: Mitarbeitende erzählen ihre Erfahrungen – per Audio, Video oder Text – und unsere Plattform verwandelt das in mehrsprachige Microlearnings, Quizformate und strukturierte E-Learnings. So sichern wir nicht nur Know-how, sondern schaffen auch die Grundlage für ein effektives, sprachsensibles Onboarding – ein echter Gamechanger im Umgang mit dem Fachkräftemangel. Zum Microlearning:
Das ist nicht einfach ein Trend, sondern eine notwendige Antwort auf das veränderte Lernverhalten. In einer Welt, in der Aufmerksamkeit knapp ist und Informationen im Sekundentakt auf uns einprasseln, funktionieren klassische Lernformate oft nicht mehr. Micro-Learnings setzen genau dort an: kurze, gezielte Wissenshäppchen, eingebettet in gewohnte Formate – mobil, interaktiv und direkt anwendbar. Damit holen wir die Lernenden in ihrem Alltag ab und sorgen dafür, dass Wissen nicht nur konsumiert, sondern wirklich verankert wird.
Wald: Können Sie etwas zu konkreten Anwendungsszenarien sagen?
Riedmann de Trinidad: Wir sehen drei zentrale Anwendungsfelder in der Praxis: Erstens, das systematische Einsammeln von Erfahrungswissen, bevor es mit Mitarbeitenden in den Ruhestand geht – in Form von Interviews, Webinaren oder kurzen Videos, die unsere KI automatisch in mehrsprachige Lernformate umwandelt. Zweitens, die Transformation bestehender Inhalte wie Prozess- oder Sicherheitsdokumentationen in kurze, leicht konsumierbare E-Learnings – das spart nicht nur Zeit, sondern schafft auch echte Nutzungsraten. Und drittens: Community Learning. In Zeiten, in denen sich alle zwei Wochen neue KI-Anwendungen auftun, braucht es eine Kultur, in der Kolleg:innen ihre Erfahrungen kontinuierlich teilen – damit aus Einzelwissen kollektives Können wird. Gerade große Unternehmen gewinnen dadurch Agilität und bleiben in der Technologie-Explosion handlungsfähig.
Wald: Wie sind die Erfahrungen der Anwender mit Ihrer Lösung?
Riedmann de Trinidad:Unsere Anwender sind oft positiv überrascht, wie mühelos KI Inhalte in verwertbare Lernformate überführt. Plötzlich wird abstraktes Firmenwissen greifbar, verständlich – und vor allem anwendbar. Besonders begeistert sind viele vom spielerischen Zugang: Quiz-Duelle auf Basis eigener Inhalte bringen nicht nur Wettbewerb und Spaß ins Lernen, sondern steigern nachweislich die Motivation. Genau diese Leichtigkeit und Interaktivität sind entscheidend, wenn wir lebenslanges Lernen wirklich in den Alltag integrieren wollen.
Wald: Mein gegenwärtiges Thema ist das Personalmanagement im Bereich Deskless bzw. Blue Collar-Work. Gibt es hierzu Beispiele aus Ihrer Praxis?
Riedmann des Trinidad:Ja, gerade im Blue-Collar-Bereich haben wir spannende Praxisbeispiele – denn hier steckt oft besonders wertvolles Erfahrungswissen, das bislang kaum systematisch gesichert wurde. So haben wir zum Beispiel mit Gleisbauer gearbeitet, deren Wissen per Interview erfasst und dann durch unsere KI in leicht verständliche, visuelle Modell-Qualitäts-E-Learnings überführt wurde – ideal für den mobilen Einsatz. Wichtig ist dabei: Die Inhalte werden nicht einfach übersetzt, sondern zielgruppengerecht vereinfacht, visualisiert und auch in verschiedenen Sprachniveaus bereitgestellt – damit Lernen auch dort funktioniert, wo es bisher oft zu kurz kam.
Wald: Der HR Innovation Day ist ja ein Event vor allem für Personaler, gibt es in Ihrer Laufbahn und zu den Angeboten Ihres Unternehmens konkrete Schnittstellen mit dem Personalmanagement?
Riedmann de Trinidad:Unser Ansatz ist eng mit dem Personalmanagement verzahnt. Gerade in Bereichen wie Onboarding, Offboarding, Nachfolgeplanung oder der Weiterbildung von Quereinsteiger:innen und internationalen Fachkräften spielt unsere Lösung eine zentrale Rolle. Wir unterstützen HR-Abteilungen dabei, internes Wissen schnell zu sichern, in Lernformate umzuwandeln und so strukturiert zugänglich zu machen – individuell, skalierbar und mehrsprachig. Damit wird Lernen nicht nur effizienter, sondern trägt auch messbar zur Fachkräftesicherung und strategischen Personalentwicklung bei.
Wald: Beeindruckt haben mich auch Ihre Berichte zu Ihrem Aufenthalt vor einigen Wochen in Tansania. Können Sie meinen Leserinnen und Lesern etwas zum Grund und den Erlebnissen Ihrer Reise mitteilen?
Riedmann de Trinidad: Ich hatte die große Freude, zum zweiten Mal als Aussteller auf dem Deutschlandstand der eLearning Africa diesesmal in Tansania dabei zu sein – und es war wieder beeindruckend. Wenn eine Konferenz mit den Worten beginnt: „Wir warten nicht auf die Zukunft, wir gestalten sie aktiv“, dann weiß ich: Ich bin genau am richtigen Ort. Besonders begeistert hat mich die offene, lösungsorientierte Haltung vieler afrikanischer Teilnehmender – sie denken nicht in Hürden, sondern in Möglichkeiten und nutzen KI und neue Technologien mutig und direkt. Diese Aufbruchsstimmung, dieser Wille zur Gestaltung – davon könnten wir uns in Deutschland manchmal eine Scheibe abschneiden. Afrika ist in vielem nicht „hinterher“, sondern schon längst mittendrin in der Zukunft des Lernens.
Wald: Meine Standardfrage stelle ich immer zum Schluss. Warum kommen Sie zum HR Innovation Day nach Leipzig?
Riedmann de Trinidad: Ich freu mich am HR Innovation Day in Leipzig, Menschen zu treffen, die nicht nur auf Veränderungen reagieren, sondern sie aktiv gestalten. Ich freue mich auf den Austausch mit Zukunftsgestalter:innen, die – wie auf der eLearning Africa in Tansania – mutig, neugierig und lösungsorientiert an die Themen herangehen. Ein bisschen dieses Tansania-Feelings in Leipzig zu erleben – das wäre großartig.
Wald: Liebe Frau Riedmann, herzlichen Dank für das Gespräch. Ich freue mich sehr auf Ihren Beitrag zum HR Innovation Day in Leipzig.
Riedmann de Trinidad: Vielen Dank, Herr Wald – ich freue mich sehr auf Leipzig und darauf, meine Impulse beim HR Innovation Day mit Ihrer Community zu teilen!
Gabriele Riedmann de Trinidad versteht sich als Visionäre Digitalisierungsexpertin, die mit Leidenschaft und Innovationsgeist Konzepte und Softwarelösungen entwickelt, die deshalb so authentisch sind, weil sie das digitale Dilemma kennt. Sie verfügt über einen Abschluss als Diplom-Ingenieurin Elektrotechnik Fachrichtung IT. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des EdTechUnternehmens platform3l GmbH in Bonn. Gabriele Riedmann de Trinidad wurde mehrfach ausgezeichnet von der Computerwoche als einer der TOP 50 Frauen in der IT in Deutschland. Der Verband der deutschen Ingenieurinnen zeichnet Sie aus als eine der einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands. Die Jacobs Foundation hat platform3L mit dem GESAward ausgezeichnet als eines der weltweit besten KI unterstützten Lernsysteme. Für Ihr Engagement in der Community University der Deutschen Telekom erhielt platform3L den e-Learning Award 2025 in den Kategorien KI und Lernkultur.
Am 14. Juni 2025 ist der HR Innovation Day!